Kellermann dreht auf

Manche Affären fallen Dir aus dem Gedächtnis, weil du sie lieber nicht gehabt hättest, andere wegen kompletter Belanglosigkeit. Vergiss doch die Romantikmaschine! Wozu die Aufregung wegen bestenfalls zwei bis fünf denkwürdigen, „romantischen“ Momenten? Bleibt mir doch weg mit Marcel Proust! Erinnern ist ein hässliches Geschäft!

So krähte Cora und offenbar war es ihr ernst damit. Aus der Runde kam erst einmal keine Reaktion. Mit 32 war Cora durchschnittlich 10 Jahre jünger als die anderen, von Patchky und Kellermann trennten sie etwa 25 Jahre. Zuweilen war ihr emsiges Bemühen um Coolness und Anerkennungspunkte aber auch den Vertetern ihrer eigenen Altersgruppe lästig.

„Irgendwann sind Deine Erinnerungen alles was Du noch hast, Hasi“, meinte Kellermann schließlich. „Irgendwann passieren Dinge zum letzten Mal, auch wenn man das im Moment des Geschehens nie mitbekommt. Die letzte kleine Liebe, der letzte Blow-Job, das letzte Mal in London, die letzte Veröffentlichung... Irgendwann passiert nicht mehr viel im Hier und Jetzt. Und irgendwann so wenig, dass Du es nicht mehr ignorieren kannst. Also misst Du den Wert Deines Lebens an Vergangenem und findest Trost in der Vorstellung, dass der Tod das ultimative Abenteuer ist, auf das es sich geduldig zu warten lohnt…“.

Hier drohte ein trister Monolog, den keiner wollten konnte. Geisenbach grätschte Kellermann in den Wortschwall. „Papperlapapp, in der Phase ‚Erinnungen statt echtes Lebens’ sind wir noch längst nicht“, rief er. „Keiner von uns. 70 ist das neue 50! Und selbst im Fernsehen zeigen sie inzwischen veritable Großmütter beim Orgasmus. Max, bring uns noch eine Runde Stolichnaya…

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