Träume zartbitter

Die Form von Brüsten hat mich nie interessiert. Meine Leidenschaft gilt der Brust als solcher. Größe und Konsistenz sind von untergeordneter Bedeutung und auch Bildungsstand, Herkunft und Alter der Trägerinnen sind mir gleichgültig.

Unbehagen bereiten mir allein Geruchsomas und das könnte sich als echte Gefährdung meiner Existenzgrundlage erweisen. Denn entgegen populärer Annahme ist das muffig-süßliche Odeur überparfümierter Frauenleiber in allen Einkommens- und Altersklassen anzutreffen. Und keine Seltenheit, wenn ich das hinzufügen darf. Soziodemographisch ist der Begriff ‚Geruchsoma’ in keinster Weise zu rechtfertigen. Dennoch ist er in Kollegenkreisen ebenso selbstverständlich wie in der einschlägigen Fachpresse. Aber solche, für Außenstehende nicht unmittelbar nachvollziehbare Bennennungs-Phänomene sind ja auch aus anderen Branchen bekannt.

Nehmen wir beispielsweise Jule B.. 34 Jahre alt, ledig, festangestellte Redakteurin und Autorin von Beziehungsratgeberbüchern, schlank bei Körbchengröße 95C, oberflächlich betrachtet eine aufgeräumte, attraktive, ja fast elegante Erscheinung – und doch die prototypische Geruchsoma. Denn Jule B. mufft, dass es (bitte verzeihen Sie die drastische Wortwahl) der Sau graust.

Leider ist ihre Geruchsmischung (Ingwer-Duschgel von Origins, Antifaltencreme von Dior, Körperlotion und Deodorant von Nivea, dazu Unmengen des Duftklassikers Shalimar, ich kenne mich da aus) so wenig unüblich wie ihr Versuch, leichte Inkontinenz und starke Schweißbildung per Parfüm zu tarnen.

Als Gynäkologe sollten mir ästhetische wie olfaktorische Empfindlichkeiten fremd sein. Geschmäcklerisch zu sein kann man sich in diesem Gewerbe einfach nicht leisten, und eine sensible Nase gleich dreimal nicht. Heute weiß ich das. Bei der Berufswahl war ich von falschen Vorstellungen gelenkt...

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