Am Kreuzberg

“Literatur nennst Du das? Du hast sie doch nicht mehr alle stramm, Du schlappe Imitation eines Suhrkamp-Autoren”, kicherte Carla. "Morgens, mächtiges Masturbieren -- Menschenskind, solche altmännermäßigen Alliterationen schreibt man nachts, wenn man schlaflos und unter schlechten Drogen am Rechner sitzt, aber doch nicht im Ernst und nicht mit 28! Oder das hier”. Sie goss sich nochmals vom Barolo nach, rückte näher und deklamierte: "Eeer, ein egomanisches, eingebildetes Eeeekelpaket. Fuhrmann, das kannst Du doch in die Tonne treten! Und dann diese Reime immer… Herrje, Du wirst doch jetzt nicht heulen, oder?”
Fuhrmann wandte den Kopf ab und lachte still in sich hinein. Der Trick mit dem kläglichen Gesicht und verschleiertem Blick schien wieder mal zu funktionieren. Gleich würde sie ihm wiedergutmachend entweder den Kopf oder die Hände streicheln. Er würde ihr verwirrt-sinnlich und anhaltend in die Augen sehen. Sie würde ihn küssen; er ihr vom langen Alleinsein und Lüsternheit flüsternd ins Ohr züngeln. Und sie dann wüst nehmen, gleich hier auf dem Teppich. "Sensible Schreiberseelen mit Sexmanko. Da stehn sie drauf, die intellektuellen Ischen ab 35", dachte er bei sich und ließ sicherheitshalber ein paar Tränen rollen...

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen