Beziehungswaise & Schöpflöffel

Reizwortgeschichte für Gregor Cuerten


Rückblickend hätte es sicher sinnvollere Möglichkeiten gegeben. In Büchern und zahllosen Berichten schriftlicher und mündlicher Natur ist immer wieder die Rede von dezentem, sensiblem Umgang; vom Erhalt dessen, was die ursprüngliche Anziehung ausgemacht und später zu frohem Miteinander geführt hat; von der Bewahrung wechselseitigen Respekts und des Wandels von enttäuschten Erwartungen zu freundschaftlicher Zuneigung. Abscheu, Ekel oder Hass sind bei Trennungen keine Zwangsläufigkeit, heißt es.

Egal. Der Bart ist ab. Der Drops ist gelutscht. Der Affe ist tot, die Klappe zu, der Zirkus pleite.

Trotzdem, manchmal bekümmert es mich, Trudi zu dem gemacht zu haben, was sie heute ist. Eine Beziehungswaise. Wir haben ihr die Tür gewiesen, sie ausgesetzt, sie dem Schicksal der großen Stadt überlassen und mit ihr die Erinnerung an bessere Zeiten.

Klare Schnitte. Das war unsere Parole. Ausmerzen von allem mit Schmerzpotenzial. Als könne man durch die schlichte Veränderung seiner alltäglichen Sichtfelder seine Vergangenheit löschen.

Aber Erinnerung ist nun mal keine Einwegflasche. Seit einigen Wochen ertappe ich mich dabei, auf Flohmärkten und bei Trödlern verstärkt nach handgeschnitzten Küchenutensilien zu stöbern. Trudi mit ihrer Kiepe für Schöpflöffel, Seihe und Suppenkelle würde ich jederzeit wieder erkennen – und sie bedenkenlos ohne jede Preisverhandlung erneut kaufen. Julia hingegen würde ich wahrscheinlich nicht mal mehr grüßen...


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen