Stichwortliste + Pferdeäpfel

Eine Reizwortgeschichte*

Die Nachricht war kurz: Marketing für bayerische Großbrauereien bewegt sich in Bilderwelten volkstümlicher Gastlichkeit; Stichwortliste anbei. Gruß, Breitsamer.

Gute Briefings gehen anders, dachte Kollberg, druckte Breitsamers Liste aus und ging Sarah suchen. Für diesen Auftrag war sie wie gemacht, die alte Emo-Trine. Erwartungsgemäß fand er sie in der Kantine.

„Klosterbrüder, Biergärten, Beckenbauer – das ist doch alles kalter Kaffee! Warte mal...“. Sarah legte ihre Quarkschnittlauchschnitte auf den Teller, ihr Gesicht in Denkerfalten und griff mit ausladender Geste nach einer Ingwerirgendwas Limonade.


Wie immer trank sie schnell und in winzigen Schlucken, einem kleinen Tier gleich, das sich mit zuckenden Lefzen durstig auf ein Wasserloch stürzt. Gierige Schlückchen, fünf oder sechs, eilig aufeinander folgend, und dazwischen stets ein Zungenspitzenschlabber, der nichts, wirklich gar nichts Erotisches hatte, außer für schräg gepolte Katzenliebhaber vielleicht.

Kollberg mochte keine Katzen. Sarahs Trink-, Ess- und sonstiges Verhalten betrachtete er seit seinem Einstieg bei Fischbach + Stolle mit einer Mischung aus Ekel und Faszination, wobei der Ekel meist überwog. Gleich würden Worte aus ihr heraus brechen wie Wasser bei einem Dammbruch. 

„Wenn schon Nostalgie, dann bitte in voller Breitseite. Feiste Bauersfrauen in Sonntagstracht, goldbraune Rohrnudeln, Bierkutschen, breitärschige Rösser und semmelblonde Kinder, die über die frisch fallende Pferdeäpfel kichern. Oder wir nehmen eins dieser bayerischen Vollweiber, weißt schon, Christine Neubauer oder so. Faßanstich, Bier spritzt, das zarte Batistblüsschen wird ein bißchen durchsichtig. Dezent, aber mit prächtigen Prangwinkel, dann alle so „Aaah“, und darüber die Stimme von Florian Silbereisen aus dem Off, der etwas Fast-Schlüpfriges von Beständigkeit und Qualitätstradition erzählt…“ 



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