Vogelhäuschen + Salatschleuder


Manchmal, wenn er den Manufactum Katalog durchbätterte, kratzte er sich am Sack-und dachte an Sybille. Die stolze, schöne Sybille, Leadsängerin bei Kreuzschlitz, Leiterin der sozialistischen Jugend-Schreinerwerkstatt und Hauptdarstellerin in den feuchten Träumen der linken Szene zwischen 16 und 56, und in denen einiger politischer „Feinde“ mit Sicherheit auch. Damals hatte niemand begriffen, warum sie ausgerechnet ihn genommen hatte; am allerwenigsten David selbst.

Aber wozu all die Thesen aufwärmen, die er im Lauf der Zeit dazu gebastelt hatte. Lieber erinnerte er sich an diese völlig überwältigende Erregung, als Sybille ihm bei den Vorbereitungen zum Bauen eines Vogelhäuschens zum ersten Mal von hinten um den Leib gegriffen und ihre Hände auf seine gelegt hatte, um den Hobel richtig zu führen. Drei Wochen später war er bei seinen Eltern aus und zu Sybille in die Wohngemeinschaft gezogen, obwohl dort gerade Filzlausalarm herrschte.

So intensiv geliebt, gelebt und gelitten hatte er danach nie mehr. David seufzte. Bloß  nicht darüber nachdenken wo die letzten 25 Jahre geblieben waren, wie er in dieses Reihenendhaus geraten war und wer ihn dazu trieb, für triviale Dinge wie Salatschleudern 180 Euro auszugeben oder mehr…

Freizeitkleidung + Gewebeerinnerung

Reizwortgeschichte für Gregor Cuerten
Diese Woche kämpft der Schauspieler für gesunde Ernährung. Kämpfen klingt besser als sich engagieren, meint die Redaktion. Schließlich kämpft das ganze Land, unausgesetzt.  Gegen falsche Religionen, sexuelle Orientierung, Kommata, für flächendeckendes Veganertum oder was auch immer. Die Menschen sind im Kampf und den wollen sie gemeinsam ‚durchstehen’. Pleiten, Pannen, Kommunikationskrisen, Karzinome – Schatz, das stehen wir gemeinsam durch!
Gesunde Ernährung also, mit Knorr als Hauptsponsor.  Aber auch das lässt sich als Nebenwiderspruch verbuchen. Immer noch besser frisches Gemüse in Tütensaucen zu rühren, als knapp 1000 tiefgekühlte, nahezu komplett nährwertlose Kalorien in den Ofen zu schieben. Außerdem kommt Instantware ja bekanntermaßen selbst in der Spitzengastronomie zum Einsatz. 

Der einzige, dem der Schauspieler in dieser Hinsicht vertraut, ist Viktor. Leider hat Viktor sein Restaurant im Zuge seiner Sinnkrise neulich an einen seiner zahlreichen Schwager übergeben und der kann slow food wahrscheinlich noch nicht mal buchstabieren. 
Der erste und letzte Versuch mit der ‚Fusionscuisine’ von Viktors Schwager war in Bächen von Entschuldigungsgetränken geendet. Alles begann damit, dass die Chirurgin Appetit auf „frische Pizza oder so“ vermeldet hatte, aber nicht weit laufen wollte. Auf den Tisch gekommen waren dann fast roher Teig unter angekokeltem Belag der Kategorie mystery meat. „Koch heut nichte gutte drauf...“. Die vietnamesische oder chinesische Bedienung hatte ihnen entschuldigend, immer einem Fuß auf den anderen trippelnd etliche „Snapps aufe Haus“ serviert und dabei immer wieder nervös Richtung Küche geschielt.
Im Atrium des Einkaufszentrums sind Kameras und Licht bereits aufgebaut und einige Neugierige haben eingefunden. Das Frisieren, Grundieren und Pudern des Schauspielers findet unter der aufmerksamen Beobachtung von mittelalten Menschen in praktischer Freizeitkleidung statt, die er ausblendet, während er im Kopf die neuen Stichpunkte durchgeht, die ihm die Redaktion gestern Abend noch telefonisch durchgegeben hat. 

Was zum Henker war das noch mal mit der Gewebeerinnerung? Fettgewebe, das wehmütig an die guten alten Zeiten in der Gesellschaft von knapp 15 Kilo mehr denkt? Fettphantomschmerz? Postraumatische Belastungsstörung getriggert durch Globoli und/oder Grünkohlsmoothies? Moment. Kranio-Irgendwas. Genau: Ein Begriff aus der Kraniosakraltherapie, der beschreibt, dass sich Gewebe immer an seine Ursprungsform ‚erinnert’ und selbst nach wüsten Verformungen in diese zurück kehren kann...

Beziehungswaise & Schöpflöffel

Reizwortgeschichte für Gregor Cuerten


Rückblickend hätte es sicher sinnvollere Möglichkeiten gegeben. In Büchern und zahllosen Berichten schriftlicher und mündlicher Natur ist immer wieder die Rede von dezentem, sensiblem Umgang; vom Erhalt dessen, was die ursprüngliche Anziehung ausgemacht und später zu frohem Miteinander geführt hat; von der Bewahrung wechselseitigen Respekts und des Wandels von enttäuschten Erwartungen zu freundschaftlicher Zuneigung. Abscheu, Ekel oder Hass sind bei Trennungen keine Zwangsläufigkeit, heißt es.

Egal. Der Bart ist ab. Der Drops ist gelutscht. Der Affe ist tot, die Klappe zu, der Zirkus pleite.

Trotzdem, manchmal bekümmert es mich, Trudi zu dem gemacht zu haben, was sie heute ist. Eine Beziehungswaise. Wir haben ihr die Tür gewiesen, sie ausgesetzt, sie dem Schicksal der großen Stadt überlassen und mit ihr die Erinnerung an bessere Zeiten.

Klare Schnitte. Das war unsere Parole. Ausmerzen von allem mit Schmerzpotenzial. Als könne man durch die schlichte Veränderung seiner alltäglichen Sichtfelder seine Vergangenheit löschen.

Aber Erinnerung ist nun mal keine Einwegflasche. Seit einigen Wochen ertappe ich mich dabei, auf Flohmärkten und bei Trödlern verstärkt nach handgeschnitzten Küchenutensilien zu stöbern. Trudi mit ihrer Kiepe für Schöpflöffel, Seihe und Suppenkelle würde ich jederzeit wieder erkennen – und sie bedenkenlos ohne jede Preisverhandlung erneut kaufen. Julia hingegen würde ich wahrscheinlich nicht mal mehr grüßen...


Fingernägel + Aortenklappe


Reizwortgeschichte für Gregor Cuerten

„Lassen Sie mich durch, ich bin alt“! Mimi schwenkt ihren Gehstock und rempelt sich durch die Menschenmenge, die sich eingefunden hat, um einen umgekippten Ferrari Testarossa zu bestaunen. Der Fahrer hängt kopfunter in seinem Sicherheitsgurt. Durch die dicken Blutfäden, die sein Gesicht überziehen, ist ein breites, befriedigtes Grinsen zu erkennen.

„Fingernägel, Zähne, Kniegelenke, Hüften, Aortenklappe – das mag ja alles noch angehen. Leben mit Ersatzteilen, halt. Aber bei Demenz und Rollator bin ich raus...“

Tom hat es also tatsächlich geschafft. Vor ihr. Mimi ist verärgert, aber nur ein klein wenig. Schließlich geht es bei dieser Wette um stilvolle Exit-Strategien – und ein Punktsieg ist immer noch möglich...


Demut + Altlasten + Stallgeruch + Pfannenhilfe

Reizwortgeschichte für Gregor Cuerten

Hochmut kommt vor dem Fall. Mit dieser Weisheit hatte Opa Johann nicht gegeizt. Damals hatte Moritz die Mahnung ebenso weg gelacht wie die konkretere Handlungshinweise des Alten. Wie  recht sein Opa und der oft zu unrecht geschmähte Volksmund hatten, war Moritz erst in den letzten Wochen klar geworden.

Späte Erkenntnis nennt man das wohl. Allerdings keine von der Sorte, bei der Du feststellst, dass Textpassagen aus Jugendlieblingsliedern (die Du Jahrzehnte lang lauthals mitgesungen hast, wann immer sie im Radio oder auf Parties liefen) anders lauten oder ganz etwas anderes bedeuten als Du gedacht hast. Dass Golden Shower nichts mit Edelmetall und Körperreinigung zu tun hat, beispielsweise. Oder dass Briten keine besondere Kriegsvorlieben äußern, wenn sie über den Great War sprechen.

Bevor ihn sein persönlicher Erkenntnisschlag traf, hatte sich Moritz für einen allseits beliebten, bewunderten und begehrten Macher der Marke 'Unbesiegbar'  gehalten. Ein bisschen skrupellos vielleicht, egomanisch, ignorant und unsensibel, aber hey, das sind doch die Eigenschaften, die Erfolg erst möglich machen, oder?

Außer ihm haben es alle gewusst. Immer schon. Oder zumindest seit das Internet auch in seinen Kreisen zum Lieblingsspielplatz mit Pranger geworden ist. Nein, auch das Sich-selber-Googlen hat Moritz nicht gut getan. Obwohl, das mit dem klaffenden Graben zwischen Selbst- und Fremdbild war wahrscheinlich schon im alten Ägypten so, bei den Sumerern und in vorschriftlicher Zeit vermutlich auch. Wer weiß schon so genau, ob die Felsen von Lascaux oder Aspeberget nicht auch jede Menge Spott und Disserei enthalten?

Egal. Im hier und jetzt liegt Moritz vor dem Fernseher. Nachmittags um halb vier. Schaut einer austauschbar-niedlichen Brünetten beim Weinen und Wegweiserei für Untote zu. Es geht um Seelen, die noch Altlasten beseitigen und Buße tun müssen, bevor sie ins golden strahlende Jenseits gehen können. Dabei hilft ihnen die niedliche Brünette mit den dauertränenfeuchten Augen. Denn ins Licht müssen sie alle. Im Diesseits zu verweilen ist keine Option. Frustrierte Seelen ohne Demut bringen Schaden. So jedenfalls wollen es die Drehbuchschreiber von Ghostwhisperer.

Altlasten. Vielleicht ist es tatsächlich an der Zeit für eine Therapie. Den Anfängen nachspüren, den echten Stallgeruch analysieren ebenso wie den später zu Bluffzwecken aufgesprühten.

Aber jetzt ist erst einmal der Darm dran. Moritz greift zur Klingel und hofft, dass es nicht Schwester Bettina sein wird, die ihm heute Pfannenhilfe leistet. Schwester Bettina ist heiß. Eine dralle, wohlproportionierte Blondine mit dichtem Pferdeschwanz und einem Hüftschwung, der schwindelig bis wuschig macht. Vor ihr geniert sich Moritz noch mehr als vor dem anderen Pflegepersonal.

In Bettpfannen scheißen zu müssen. Als wären der Schlag und die Eingriffe am Herzen nicht schon demütigend genug...

Im Fernsehen kämpfen jetzt perfekt geschminkte und merkwürdig minderbekleidetete Junghexen gegen das Böse und lassen dabei Dämonen gleich reihenweise explodieren. Moritz ist dankbar für diese Geräuschkulisse und die Tatsache, dass sein Bettnachbar schwerhörig ist, aber das Hilfsgerät von Geers nicht mag. Das Darmdrücken fällt schwer. Moritz stöhnt und schnauft. Nun mach schon! Los jetzt. Gib ihn endlich frei, den Scheiß!

Zehn erfolgsarme Minuten später zieht Schwester Bettina die Pfanne unter Moritz’ Po hervor, wischt ihm kurz und routiniert durch die Falten und säuselt „Klistierchen gefällig, Herr Marzik?“

Beim Verlassen des Zimmers schwenkt sie ihre Hüften auf eine Art, die selbst eingefleischte Machos als ironisch erkennen würden. Der halbtaube Bettnachbar schaltet um. Auf zwei junge, extrem athletisch- attraktive Vampire, die Blut aus geschliffenen Kristall-Bechern trinken und eine austauschbar-niedliche Brünette anschmachten.

Moritz seufzt. In seinem Kopf höhnt Opa Johann: „Dummheit und Stolz wachsen auf demselben Holz“...





Mastbetriebe + Handschellen

*Eine Reizwortgeschichte
Noch drei Wochen, bis der Führerschein wieder frei gegeben ist. Öffentlicher Nahverkehr mag praktisch sein, aber täglich braucht niemand das Bad in der Masse, ganz zu schweigen von der olfaktorischen Melange aus zu viel Parfüm und zu wenig Körperreinigung.

Als Mitarbeiter der Mordkommission und ehemaliger Profi-Wrestler legt Kottke privat sehr viel Wert auf Sauberkeit und dezente Gerüche. Mag seine Nase auch mehrfach gebrochen sein und Gottfried-John-mäßig im Gesicht kleben – die diversen verunglückten Crossface Chickenwings und Chokeslams hat sie ebenso überstanden wie die Facebusters und den einen oder anderen Zwischenfall bei Verhaftungen. Die Geruchssensorik arbeitet zuverlässig, Tendenz hypsersensibel, und damit beschert sie Kottke im Berufsalltag nach wie vor ebenso viel Elend wie im Privatleben.

Eigentlich müsste er bei der Kripo kündigen. Irgendwo hinziehen, wo es weder Menschenmengen noch Mastbetriebe gibt und sich weiträumig fernhalten von Gelegenheiten zur Anbahnung und Ausführung von Beischlaf.

Andererseits weiß Kottke spätestens seit seinem vorzeitig abgebrochenen Versuch, eine Pfirsich-Plantage im taiwanesischen Hochland zu bewirtschaften, dass er nicht taugt fürs Eremiten-Dasein. Früchte und Erkenntnis“ hatte die 4-wöchige Erlebnisreise versprochen, die ihm Laura damals geschenkt hatte.

Nicht zu Weihnachten, versteht sich. Wie es sich für Sinologinnen mit Esoterik- und Weise-Frauen-Touch gehört, hatte sie ihm den großen Umschlag zum Beginn des neuen Mondjahres geschenkt und ihm Bedeutungsvolles ins Ohr geraunt dabei.

LAURA. Um Himmelswillen, jetzt bloß nicht an Laura denken! Und an die, die auf sie folgten, gleich dreimal nicht. INTERNETDATING. Auch so eine Gewohnheit, die er dringend mal ablegen müsste. Genauso wie das Rauchen, Kartoffelchips essen und das Mithören von Konversationen fremder Menschen.

 --Mal ehrlich, .Jenny. Die betrügen uns doch von vorne bis hinten, die streuen uns doch Sand in die Augen wo wir gehen und stehen...

Die Gespräche an der Bushaltestelle waren auch schon mal lustiger. Vielleicht sind die beiden arabisch aussehenden Jungen da vorne ja besser drauf. Kottke langt in seine Tasche und schaltet den Universalübersetzer ein.

-Keine Ehre. Das sind nicht meine Brüder. Deine auch nicht. Mit diesen Towel Heads haben wir nichts zu schaffen.

Kottke seufzt, schaltet den Universalübersetzer aus, seine aktuelle Lieblingsplaylist ein und summt ein bisschen mit. „... through the maze through the maze through the meyyyyze...“.

Der Einhundereinser Bus ist proppenvoll. Schulschluss. Verdammt. Daran hätte er denken können. Und ausgerechnet jetzt gibt der Akku den Geist auf. Wird dann wohl als die übliche Dosis Volksnähe heute.

-- Nu quatsch hier mal keine Romane.
-- Aber ich bin doch die Ganeesha Bombeck...
--Na super. Und Du machst es anders als all die anderen Mädchen, hab ich schon verstanden. Ist aber immer so. Erst tolle Tricks versprechen und im Bett dann liegen wie’s Rosenresli. Brauch ich nicht, brauch ich echt nicht...

Wenn ich vor 20 Jahren schon so abgeklärt gewesen wäre wie dieser 17, 18-jährige Bursche hier, hätt ich mir eine Menge Stress und Geld gespart, denkt Kottke. Damals, als ich den Sex noch liebte...

Plötzlich fällt ihm wieder ein, warum es ihn in den letzten Jahren immer wieder zu den Profilen von Partnersucherinnen gezogen hat, die sich Melisande oder Glückszauberfee nennen. Mädchenhafte, zarte Geschöpfe mit nichts als Schönheit im Sinn, Göttinnen der kleinen Dinge und märchenumwölkter Tage...

Dass Glückszauberfee32, die eigentlich Anja hieß, Notfallchirurgin war und im Hirn nur geringfügig weniger weich als ihre Vorgängerin Unicorndream (eine Verwaltungsfachangestellte namens Ruth, die sich der weißen Magie verschrieben hatte) oder Arielle (die ihre Eltern tatsächlich so getauft hatten und die, vielleicht weil es sich für kleine Meerjungfrauen so gehört, immer ein wenig nach Hering roch) , jaja, das hätte er früher erkennen können.
Aber hey, die Welt will nun mal betrogen sein und Kottke war, nicht zuletzt aufgrund seiner beruflichen Laufbahn, nicht nur ein Meister nachhaltiger Illusionierung, sondern auch der Selbstverleugnung. Vor allem wenn es um so wesentliche Fragen ging wie harmonische Zweisamkeit und eskapistische Freuden.

Irgendwann um die Mitte der Nullerjahre herum, hatte er einfach genug gehabt von den durchchoreographierten Begegnungen zwischen selbsternannt versatilen Sexmaschinchen, den Pflicht- und Kür-Fickprogrammen, den BDSM- und sonstigen Rollenspielen; genug von polyamourösen Gewusel, genug vom verbalen und körperlichen Originalitätszwang zwischen Tisch, Bett und anderen Austragungsorten zwischengeschlechtlichen Austauschs. Irgendwann hatte er die Textzeilen von Devo als Dauerschleife im Kopf. „... something about the way taste makes me want to clean my mouth...“ Höchste Zeit also, sich neu zur orientieren.

Sanftheit. Süße. Summerwine. Magisch, mysteriös und der harschen Welt entrückt. So hatte es Kottke damals in sein Suchprofil geschrieben...

Acht Jahre Glückszauber und eine selbstverordnete Auszeit später war er wieder im Spiel. Heute würde er Anna-Lisa zum ersten Mal zuhause besuchen.

„...Überraschung“, kiekste Anna-Lisa und klimperte mit einem Paar Handschellen vor Kottkes Gesicht herum, kaum dass die Weingläser gefüllt waren.

Ihr Bett würde eine moderne Variante des Modells „Jailhouse Fuck“ sein; ihr Sortiment an Sexspielzeugen würde sie aus einem echten 60er oder 70 Jahre Sitzpuff hervorzaubern, da war er sich fast sicher. Katzen würden an Türen kratzen. Und spätestens morgen früh würde er irgendwo ihren alten Steiff-Teddy sitzen sehen.

Kottke trank aus und ging.

Schiessprügel + Kinderüberraschung

Stell Dir vor Du heisst Milović, Deine Nase ist krumm wie der Dardanellenbogen und Du lebst in Köln. Das ist schon mal für ein paar richtig schlechte Scherze gut. 

Stell Dir vor, Dein Vater und Dein großer Bruder sind Waffennarren und hinter einer gar nicht so geheimen, verschiebbaren Wand Eurer Garage befindet sich von uralten Schiessprügeln bis zu kleinen Bodenabwehr-Raketenwerfern fast alles, was tot macht. Jetzt stell Dir noch vor, wie Dein Bruder auf Deiner Geburtstagsfeier als Kinderüberraschung täuschend echte M249 Schnellfeuerwaffen austeilt – und dann verstehst Du vielleicht, warum ich weg gelaufen bin.

Aber vielleicht verstehst Du auch gar nichts. Dich hat man nicht jahrelang als Jugosau, Kroatenkacker oder Balkanwixer geschimpft. Niemand hat Dir die Nase gebrochen oder Deine Mutter beim Bäcker angespuckt und Dein Bruder ist nicht losgezogen und hat der Spuckerin einen langen Schnitt ins Gesicht gesetzt und dann alles auf Ümit von nebenan geschoben. Ümit war mein Freund, bis sein Vater ihn halb tot geprügelt hat wegen der Schlitzerei an Frau Kämper und er ins Heim kam…